Gentests

kein Allheilmittel - nur ein Baustein

 

 

3. Februar 2019 - aktualisiert im Januar 2024

 

 

 

 

Kommunikation via social media ist schwierig und meist erfolglos. Und in der Kromiwelt, wo so viele Gräben bestehen, ist es fast unmöglich, sachlich Themen zu diskutieren.

 

 

Aktuell grad wieder auf dem Tisch - Gentests beim Kromfohrländer... und die vermeintliche Sicherheit dadurch.

 

 

Aussagen wie: "Mein Kromi hat den Mehrfach-Gentest, er ist frei für alles oder nur Anlageträger - damit ist er gesund und ich habe freie Bahn" - hört man oft und es ist einfach falsch...

 

 

 

Wichtig finde ich festzuhalten:

 

 

 

Beim Kromfohrländer fängt die Geschichte der Gentests 2014 an. Da wurde der Gentest für die Digitale Hyperkeratose gefunden, ein Segen für den Kromfohrländer. Der Gentest wurde Pflicht für Zuchttiere im RZV und im SKC, mit dieser Zuchtlenkung konnte man die Erkrankung beim Kromfohrländer zum Erliegen bringen.

 

Zehn Jahre später haben wir weitere Fortschritte gemacht. Aktuell haben wir beim Kromfohrländer für folgende Krankheiten Gentests zur Verfügung:

 

 

  • Digitale Hyperkeratose
  • Hyperurikosurie
  • von Willebrand Typ I
  • degenerative Myelopathie
  • Chondrodysplasie
  • Dystrophie
  • Progressive Retinaatrophie (prcd-PRA)

 

 

Vom züchterischen Standpunkt aus gesehen, müssen diese Tests bei der Zuchtplanung angewandt werden. Der Genstatus der Zuchthunde muss bekannt sein, ansonsten risikiert man, erkrankte Hunde zu züchten bei diesen Erkrankungen. Das sollte wirklich keine Diskussion mehr wert sein...

 

 

 

Für

  

  • Epilepsie
  • Cystinurie
  • Auto Immun Erkrankungen in allen Formen
  • Katarakt
  • Arthrose

 

 

stehen mit Stand Januar 2024 keine Gentests für den Kromfohrländer zur Verfügung. All diese Erkrankungen haben eine grosse erbliche Komponente. Von Aussen sieht man dem Hund nichts an, aber im Genotyp ist die Veranlagung dazu da. Bei allen reinrassigen Kromfohrländern.

 

 

Bei Epilepsie stehen keine Gesundheitschecks zur Verfügung.

 

Bei den AI-Themen kann man immerhin das ausführliche Schilddrüsenprofil über das Blutbild (SDU) testen. Ansonsten kann man keine Aussagen treffen.

 

Und beim Thema Cystinurie haben wir den COLA-Test mit Sedimentprüfung und pH-Wert Bestimmung (ja! der gibt Anhaltspunkte!).

 

Beim Thema Katarakt kann der aktuelle Gesundheitsbefund mittels einer fachärztlichen Augenuntersuchung festgestellt werden.

 

Für die Arthrose-Themen bleiben einzig orthopädische Untersuchungen in der Kombination mit Röntgenbildern/CT/MRT, um klare Diagnosen/Befunde zu erreichen.

 

 

Bei den ob genannten Krankheiten ohne Gentest muss die sorgfältige Ahnenforschung greifen, dann können Verpaarungen anhand der vorliegenden Gesundheitsdaten der Verwandtschaft geplant werden und noch grundsätzlicher, ob überhaupt ein Zuchteinsatz des Hundes verantwortbar ist.

 

 

Im standardgebenenden Kromfohrländerverein in Deutschland (RZV) ist per Januar 2024 nur der Gentest für Digitale Hyperkeratose ein Muss für die Zucht. Ebenso verfährt der SKC in der Schweiz. Unglaublich!

 

 

Im VRK wird umfassend über MydogDNA getestet, damit man die Info punkto den erfassbaren Krankheiten hat. Hier stehen alle Infos aus den vorhandenen Gentests zur Verfügung.

 

Aber wir erinnern uns: die Krankheiten mit einem hohen Krankheitswert sind nicht mittels Gentest abzuklären!

 

 

Man darf sich mit einem gengetesten Hund nicht in falscher Sicherheit wiegen - der Gentest ist nur EIN Baustein im ganzen Zuchtplanungsmosaik.

 

 

Falsch ist es - die vorhandenen Gentests nicht zu nutzen!

 

 

Falsch ist es - die vorhandenen Gentests zu nutzen und aufgrund der Resultate von einem erbgesunden Hund auszugehen und damit auf erbgesunden Nachwuchs zu hoffen und dies den Käufern auch so zu suggerieren.

 

 

 

Der verantwortungsbewusste Züchter stellt die Planung seiner Würfe auf mehrere Standbeine:

 

  • ehrliche und nachhaltige Ahnenforschung bei den Gesundheitsthemen der Verwandtschaft,

 

  • Nutzung der vorhandenen Gentests

 

  • Aktuelle Gesundheitschecks der Zuchthunde

 

  • Einbezug des Wesens der Zuchthunde

 

 

Wenn alle Auswertungen des Gentests spitze sind, dafür AI-Erkrankungen in der 1. Generation vorliegen oder die Epilepsierate zu hoch ist bei der Verwandtschaft, da nützt der beste Gentest nicht. Dann ist es eine bittere Pille, aber der Hund sollte nicht in die Zucht.

 

Verpaarungen sollten nicht gemacht werden, wenn bei beiden Zuchthunden dieselben gesundheitlichen Themen in der nahen Verwandtschaft bestehen.

 

(Diese Disposition hat man bei reinrassigen Kromfohrländern immer. Es gibt keine freien Zuchtlinien. In jeder Zuchtlinie finden sich Epilepsie, AI-Erkrankungen, Cystinurie, von Willebrand usw…Deswegen sind auch die Kombinationen von mittels Gentests gecheckten reinrassigen Verpaarungspartnern gefährlich, es sind immer Kombinationen von bereits genetisch vorbelasteten Hunden. Das kann man drehen und wenden, wie man will.)

 

 

 

Nur mit dem Mehr-Säulen-Prinzip schöpft man alle Ressourcen aus, die man als Züchter zur Verfügung hat.

 

Gentests/Gesundheitschecks/Ahnenforschung/Wesensanforderung

 

 

Auch mit diesem Prinzip hat man keine Garantie auf ausschliesslich gesunden Nachwuchs. Die 100% Garantie gibt es nicht.

 

Der Züchter kann aber die Risiken bei der Verpaarung deutlich senken.

 

Das höchste Risiko haben – trotz Anwendung des Mehr-Säulen-Prinzips- reinrassige Verpaarungen.

 

Hier kommen Verpaarungspartner zusammen, die dieselben Erkrankungen in den Verwandtschaftslinien haben, die eine geringe genetische Varianz haben und demzufolge im engen Genpool schwimmen, wie alle anderen reinrassigen Kromfohrländer auch.

 

Die Eigenverantwortung des Züchters ist gefragt - ebenso die des Verbandes, dem er angeschlossen ist.

 

 

Sie als Interessent dürfen sich Gedanken machen, mit welcher Strategie Ihnen am Wohlsten ist. Es gibt grosse Unterschiede bei den Zuchtkonzepten, sie sind klar ersichtlich für alle, die sich informieren. Nutzen Sie diese Möglichkeiten und wählen Sie bewusst.

 

 

 

Noch ein Nachtrag zum Thema Gentest/DLA-Haplotypen

 

 

Wir können seit kurzem auch die Haplotypen bei den Hunden bestimmen. Der Kromfohrländer schneidet auch hier schlecht ab, er hat nur wenige verschiedene Haplotypen im geschlossenen Genpool drin (5).

 

Die Haplotypenbestimmung macht bei grossen Rassen Sinn, denn hier hat man noch Auswahl in der Wahl des Verpaarungspartner und dieser sollte im Idealfall nicht dieselben Haplotypen haben wie der eigene Zuchthund.

 

Die Wahl des richtigen Bräutigams für eine reinrassige Kromi-Hündin darf nicht zu einem Grossteil von den Haplotypen bestimmt werden - diese Möglichkeit der Evaluation ist nur ein kleiner Baustein bei der Zuchtplanung.

 

Was nützt die Wahl des Haplotypenhundes, wenn der aber einen AI-erkrankten Vater hat, oder wenn sein Wesen nicht passt?

 

Beim Kromfohrländer fallen mit der richtigen Anwendung aller Filtermöglichkeiten eigentlich fast alle Verpaarungspartner durch, denn man stösst, egal in welche Richtung man schaut, auf Hürden. Die Genetik alleine darf nie der Entscheidungsgrund geben für eine Verpaarung.

 

Wenn man zwei Zuchthunde zusammenbringt, bei denen die Verwandtschaft mit den selben Krankheiten kämpft, dann potenziert man die Gefahr und der Nachwuchs wird logischerweise auch an diesen Erkrankungen leiden. Die passenden Haplotypen nützen hier gar nichts.

 

Die Haplotypen sind "nice to have"  - beim Kromfohrländer sind nach Durchsicht aller Zuchtlenkungsthemen reinrassig die Möglichkeiten sehr sehr sehr begrenzt. Und die Verwandtschaft ist zudem sehr eng, auch mit der bestmöglichen Wahl des Partner.

 

Alle Kromfohrländer sind im gleichen Genpool-Topf. Einmal umrühren bringt nichts punkto Genvielfalt.