Gastrecht / Betrachtungen
13. Januar 2019
Null Toleranz - AI-Erkrankungen und der züchterische Umgang damit
"Krankheitswert" - ein simples Wort
für eine ganz schwierige Einschätzung.
Jede Erkrankung kann und muss man züchterisch unter dem Blickpunkt des "Krankheitswertes" betrachten. Wie schwerwiegend ist die Erkrankung? Ist sie heilbar? Beeinträchtigt sie die Lebensqualität des Hundes (und der Hundebesitzer)? Wie steht es um die Vererbbarkeit?
Bei den Kromfohrländern schlagen wir uns ja mit vielen Erkrankungen herum, welche manifest sind in der Rasse. Der hohe Inzuchtgrad begünstigt den Ausbruch der Erkrankungen zusätzlich.
Zu den gefürchtesten Krankheiten zählt für mich die ganze Gruppe der Auto-Immun-Erkrankungen.
AI-Erkrankungen kann man nicht heilen. Einige davon verlaufen sehr aggressiv, akut und die Hunde leiden sehr. Die Gewissheit, dass es keine Heilung gibt, lastet schwer auf der Seele der
Hundehalter. Es gibt aktuell keine Gentests für AI-Erkrankungen beim Kromi und auch die zweifelsfreie Diagnose ist oft schwierig.
Der Erbgang der diversen AI-Erkrankungen ist nicht bekannt. Klar ist, dass alle Linien betroffen sind und dass an AI-erkrankte Hunde sehr oft auch AI-erkrankten Nachwuchs haben. Gesunde Kromis sind keine Garantie dafür, dass auch ihre Nachkommen gesund bleiben - in der Kombi mit einem anderen Kromi als Zuchtpartner, welcher die AI-Disposition auch in seinen Genen drin hat, kann diese Verpaarung AI-erkrankten Nachwuchs bringen.
Zucht ist nie statisch und ein AI-Fall im Umfeld des Zuchthundes wirft die ganze schöne Planung und alle Träume über den Haufen. Das muss aber so sein.
Ein verantwortungsbewusster Züchter nimmt keinen Hund in die Zucht, welcher ein Elternteil hat mit einer AI-Erkrankung. Die Gefährdung ist zweifach.
Bei einem genetisch vorbelasteten Hund (da ein Elternteil an einer AI Erkrankung leidet, muss man davon ausgehen, dass er die entsprechenden Gene auch seine Nachkommen weitergegeben hat) kann
aufgrund der körperlichen Belastung durch Trächtigkeit und Aufzucht der Welpen eine AI Erkrankung ausbrechen. Stress (auch positiver Stress) ist ein bekannter Auslöser für Auto Immune
Krankheiten.
Genetisch gesehen gibt ein Zuchthund mit AI-Elternteil die Veranlagung für AI fast sicherlich weiter an seine Nachkommen. Also: Gefährdung der Zuchthündin plus ein hohes AI-Risiko für die Welpen.
Der Krankheitswert einer AI-Erkrankung ist sehr hoch. Wer will solches verantworten?
Gleichzeitig wissen wir, dass man, gerade bei den Kromis, genau schauen muss, welche Hunde man von der Zucht ausschliesst. Man kann einer Population schaden, wenn
man einen Hund in die Zucht nimmt. Genauso kann man einer Population auch schaden, wenn man einen Hund NICHT in die Zucht nimmt. Es ist ein Abwägen...
Aber AI Erkrankungen wiegen schwer.
Der VRK hat mit dem Instrument des mehrfachen Einkreuzens gute Bedingungen für die Zucht geschaffen. Der Zusammenhang zwischen dem hohen Inzuchtgrad und
AI-Erkrankungen ist offensichtlich.
Eine erhöhte genetische Diversität gibt dem Hund bessere Möglichkeiten, mit gesundheitlichen Belastungen fertig zu werden als sie ein anderer Hund hat mit hohem Genverlust.
"Zuchttiere, bei denen ein Elternteil an einer Auto-Immun-Erkrankung leidet, werden ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Erkrankung der Elterntiere von der Zucht im VRK
ausgeschlossen."
so steht es in der Zuchtordnung des VRK. Mit dieser Regelung kann man einerseits die Zuchthunde vor der Gefahr des Ausbruchs der AI (ausgelöst durch eine Trächtigkeit und Welpenaufzucht) schützen und man setzt keine Welpen in die Welt, welche genetisch gesehen sehr hoch belastet sind bezüglich einer AI-Erkrankung.
Wenn der AI-Fall in der Verwandschaft eine Generation weiter zurück liegt als bei den Eltern, dann kann der Hund in die Zucht, aber nur in der Kombination mit einem Partner, bei dem der Kromianteil sehr gering ist. Damit erreicht man eine grosse genetische Auffrischung bei den Welpen. Die Belastung der Hündin punkto einem Wurf ist hier gesundheitlich verantwortbar.
Es gibt keine Kromi-Linien, welche AI-frei sind. Verpaart man zwei reinrassige Kromfohrländer oder zwei Hunde mit Kromfohrländer-Anteil, hat man das AI-Risiko latent immer von beiden Seiten her.
Ein Zuchtausschluss seines eigenen Zuchthundes ist für einen Züchter immer ganz bitter. So viele Hoffnungen und Träume platzen. Aber wer Züchter sein will, muss dies
einkalkulieren und damit leben.
Niemand hat eine Garantie oder eine 100% Sicherheit auf ein gesundes Umfeld seines Zuchthundes. Kein Zuchthund ist vom Himmel gefallen, jeder hat Verwandtschaft und da kann sich jederzeit
gesundheitlich etwas ändern, Hunde können erkranken.
(Der Rassezuchtverein der Kromfohrländer arbeitet z.B. bei Epilepsie mit dem sogenannten Epi-Wert. Jeder Zuchthund hat einen numerischen Epi-Wert, der bedingt durch das verwandtschaftliche Umfeld zustande kommt. Erkrankt ein naher Verwandter, verändert sich der Epi-Wert für den Zuchthund automatisch und je nach dem kann dann ein weiterer Zuchteinsatz nicht mehr realisiert werden. Dies ist eine sehr gute Zuchtlenkungsmassnahme.)
Jeder Züchter sollte in erster Linie ein liebender und fürsorglicher Hundebesitzer sein. Er wird bei einer AI-Disposition seiner Hündin keine Trächtigkeit und
Aufzucht zumuten. Das Risiko, dass sie selbst erkrankt, ist gross.
Ein Deckrüdenbesitzer sollte wissen, dass die Nachkommen seines Rüdens ein hohes AI-Risiko haben. Wer kann damit sorglos umgehen?
Rückschläge gehören im Züchterleben dazu. Aber besser ist es, wenn der Züchter alleine die Enttäuschung trägt, dass sein Hund nicht mehr eingesetzt wird.
Im schlimmsten Fall geht der Hund doch in die Zucht und dann erkranken die Nachkommen und der Zuchthund selber. Das Drama ist dann vielfach grösser und das Leid zieht Kreise.
Das offene Umgehen mit einem Krankheitsfall gehört ebenso in die Agenda des verantwortungsbewussten Hundehalters. Denn nur so hat der Züchter auch die notwendigen
Informationen über den Gesundheitszustand seiner Zuchtlinie und der eingesetzten Deckrüden. Zuchtentscheide erfordern im Vorfeld eine gründliche Recherche.
Wichtig ist, dass möglichst viele Kromis in die Zucht gehen.
Der Verlust im eh schon kleinen Genpool wird sonst noch grösser. Man muss Konzessionen machen - aber nicht beim Thema Auto Immun Erkrankungen. Da ist grosse Sensibilität gefordert. Aus
Verantwortung für die Rasse.