Passt der Kromfohrländer zu mir?
Seit fast 20 Jahren bin ich nun im Kromfohrländer-Thema drin.
Erst als Suchende (passt der Kromfohrländer zu mir, zu meiner Familie, wo finde ich den richtigen Züchter), dann sehr bald als Kromfohrländerbesitzerin mit meinem ersten Rüden Tuba, dann kam 2011
Wurzel dazu, eine Hündin mit 62,5% Kromfohrländer-Anteil, aus der IGRK.
Es folgten drei Würfe mit Wurzel in meiner Kromi-Zuchtstätte „vom Chirsgarten“ innerhalb des VRK. Aus unserem C-Wurf blieb Candis bei uns, vor drei Jahren stiess Wurzels Enkeltochter Alva zu uns.
Zur Zeit lebe ich mit drei Kromi-Damen, alle nicht reinrassig.
Wurzel (2011), Candis (2017) und Alva (2020)
Aktuell habe ich keine Würfe in Planung, bin aber sehr aktiv im VRK in der Beratung von Interessenten und Kromi-Besitzern, bin als Zuchtwartin tätig und ich führe regelmässig Kromi-Spaziergänge durch.
Ich habe pro Woche mehrere Anfragen „Du Lisette, hast Du mir einen Tipp…“. Da helfe ich sehr gerne und ich darf sagen, dass die allermeisten Kontakte mit Kromibesitzern, ob aus meinem Verein VRK oder anderswo, bereichernd sind.
Ich kenne sowohl die reinrassigen Kromis wie auch die Kromis aus unserem Verein sehr gut. Ich weiss, wie der Kromi tickt und wie das Leben mit ihm ist.
Ich kenne sowohl Rüden- wie auch Hündinnenthemen, ebenso sind mir die Themen der Mehrhundehaltung und Welpenerziehung und Aufzucht nicht fremd.
Die eigenen Erfahrungen und die Erfahrungen von Kromi-Besitzern beim Thema Erkrankungen liegen auch in meinem Wissensschublädchen. Pauschalisieren ist nie gut, aber ich darf sagen, ich habe einen
guten Überblick über den Kromi in allen Lebensfacetten.
Ein ganz wichtiger Teil in meiner Arbeit und meinem Tun für den Kromfohrländer war und ist die Antwort auf die Frage:
Ich möchte einen Kromfohrländer, passt der zu mir?
Schon lange vor meinem ersten Wurf wurde diese Frage an mich heran getragen, dann war sie klar an mich als aktive Züchterin gerichtet - jetzt, während meiner Zuchtpause, erreicht sie mich über social media, Telefonate oder E-Mails.
Es ist enorm wichtig, einen klaren und objektiven Blick auf die Rasse der Kromfohrländer zu haben, um Interessenten raten zu können.
Es nützt niemandem was, Themenbereiche schön zu reden, Charaktereigenschaften mit blumigen Worten zu beschreiben und den Kromfohrländer als die „eierlegende Wollmilchsau“ anzupreisen.
Das ist er nicht! Jede Hunderasse hat ihre Wesenseigenschaften und die gilt es, klar zu benennen. Ein Interessent soll eine Ahnung haben von dem, was auf ihn zu kommt.
Wenn ich mit einem Kromibesitzer in Kontakt bin – der Kromi ist 1,5 Jahre alt und ich höre: mir hat niemand gesagt, dass der so schnell auf 180 ist – dann ist was falsch gelaufen.
Im Rassestandard der Kromfohrländer steht:
"Verhalten/Charakter (Wesen)
Anpassungsfähiger, lernfähiger und temperamentvoller, gegenüber Fremdpersonen zurückhaltender Begleit- und Haushund mit geringem Jagdtrieb. Aggressivität und Ängstlichkeit sind nicht erwünscht."
Die Wirklichkeit offenbart oft ein Bild vom Kromfohrländer, welches einen eher schwierigen Hund vermittelt.
Die Definition "gegenüber Fremdpersonen zurückhaltend" wird häufig als Freibrief genommen, um die Schwierigkeiten, die der eigene Kromfohrländer mit Fremden hat, als "rassetypisch" zu begründen. Die Zurückhaltung stehe im Standard, deswegen sei das so in Ordnung. Diese Zurückhaltung ist aber einer der Punkte, die es u.a. klar im Auge zu haben gilt.
Aggressive und unsichere/ängstliche Kromfohrländer sind zudem leider keine Seltenheit.
Und ja, es gibt Unterschiede zwischen reinrassigen Kromfohrländern und Kromfohrländer mit Fremdblut.
Wenn ich hier von den eingekreuzten Kromis erzähle, dann meine ich explizit die Kromis aus dem VRK, die de facto wirklich eingekreuzt sind, mit einem guten Schuss Fremdblut.
Kromfohrländer mit einem Kromianteil von um die 90% und darüber sind keine eingekreuzten Kromis, sondern „rückgekreuzte“, die Wesensprobleme und auch die Gesundheitsprobleme sind fast identisch
mit den Reinrassigen.
Das Unwort „Familienhund“ kommt bei Anfragen sehr oft. Nein, den Familienhund per se gibt es nicht.
Aber es gibt durchaus Hunderassen, die sehr sehr gut klarkommen mit Kleinkindern und Kindern der eigenen Familie. Die auch Spass haben an quirligem Kinderbesuch und die sich nicht aus der Ruhe
bringen lassen, wenn schreiende Kleinkinder und laute Teenies den Alltag mit ihnen teilen.
Für solche Lebensumfelder braucht es einen gelassenen und selbstbewussten Hund mit einer hohen Sozialkompetenz. Er sollte belastbar sein, nicht reaktiv und territorial sollte er auch nicht veranlagt sein.
Wer den Kromfohrländer kennt, hat hier schon die ersten Falten auf der Stirn. Zu recht!
Ja, es gibt die Kromis, die innerhalb von Familien leben und damit klar kommen. Aber es ist nicht die Mehrheit. Und ob das gelingt, dafür gibt es keine Garantie. Schon gar nicht bei den Reinrassigen.
Bei den Kromis aus dem VRK leben viele sehr fröhlich mit ihren Familien und Kindern zusammen, haben Spass am trubeligen Familienleben, aber – genau das ist auch beabsichtigt im Zuchtkonzept des VRK! Durch den passenden Kromi-Anteil sind diese Hunde ausgeglichener im Wesen und belastbarer. Nicht alle, aber die meisten! Der VRK strebt eine Verbesserung bei Gesundheit UND Wesen an, wir erreichen das!
Ich rate einer Familie mit Kleinkindern oder mit Babywunsch klar vom reinrassigen Kromi ab, es kann funktionieren, muss aber nicht. Für die Bedürfnisse einer Familie gibt es passendere Rassen.
Mein erster Kromi, Tuba, kam in mein Leben, als wir Kinder hatten im Grundschulalter.
Er hatte ein traumhaftes Wesen, aber ich hatte immer ein Auge auf ihn, denn er war ruhe- und schutzbedürftig.
Seine Unsicherheit war Teil seines Charakters, er lehnte sich sehr sehr stark an mich.
Er freute sich aber über jeden Besuch, ob gross oder klein. Und das ist nicht die Norm beim Kromi!
Es bringt nichts, wenn man alles schönredet und die Probleme der Rasse verharmlost.
Und nein, es liegt nicht alles an der Erziehung!
Wenn man einen genetisch verarmten Hund hat, der schon Eltern hat, welche auch ihre Charakterprobleme haben, dann erhalten sie was? Sicher nicht einen gechillten easy-going Hund, sondern logischerweise wieder einen Hund mit speziellen Ansprüchen.
Und nein, wenn’s nicht läuft mit dem Kromi, ist nicht immer der Mensch schuld! Die sind so! Klar gibt es unglückliche Kombis und falsche Erziehungsversuche, logisch. Aber der Grundcharakter des Kromis ist so. Daran kann die Erziehung nicht viel ändern.
Oder würden Sie einem Beaglebesitzer sagen: selbst schuld, wenn Dein Hund alles frisst!
Oder einem Huskybesitzer: was? Dein Hund heult? Ja, das hast Du ja aber voll nicht im Griff!
Ist der Australian Sheperd Besitzer auch selbst schuld, wenn der Aussie ein Hütehundgebaren zeigt?
Oder der Depp soll der Pinscherbesitzer sein, weil sein Hund Agressionsverhalten zeigt? Selbst schuld? Wirklich?
Der Kromfohrländer ist ein eher unsicherer Hund, welcher eine kurze Zündschnur hat, schnell reizüberflutet ist und Probleme mit Bellen und Leinenmarodieren zu lösen versucht. Viele Kromis sind territorial. Das sind wirkliche Herausforderungen – der Kromi ist alles andere als ein Hund, der anpassungsfähig einfach so mitläuft im Alltag.
Im Rassestandard steht, Aggressivität und Ängstlichkeit seien nicht erwünscht.
Ja, wünschen kann ich mir viel! Die Realität sieht anders aus.
Ein unsicherer Kromi kippt oft ins Aggressive… und die allerwenigsten Kromis sind souverän und selbstbewusst. Die meisten machen einen auf dicke Hose und versuchen, dem Gegenüber durch Bluff zu
imponieren. Wehe, wenn diese Taktik dann nicht funktioniert.
Der Kromfohrländer stellt hohe Anforderungen an seinen Besitzer. Dieser muss ihn lesen können, muss auf das sensible Wesen eingehen können; gleichzeitig soll der Mensch mit beiden Beinen auf der Erde stehen und souverän führen können.
Hastige, unsichere, ungeduldige Menschen passen nicht zum Kromi.
Ebenso wenig Menschen, die mit Druck arbeiten möchten, die nichts dazulernen möchten und die finden, es ist mein erster Kromi, aber ich weiss schon, was ich machen muss, ich brauche keinen Rat.
Eine gute Beratung, zu wem der Kromi passt und zu wem nicht, die sollte beinhalten, dass man den Kromi ungeschönt beschreiben kann.
Es ist ein wunderbarer Hund, dem ich persönlich seit Jahrzehnten verfallen bin. Aber ich schaue hin und beschönige nichts. Der Kromi ist kein Hund für Jedermann und wenn ich die
falschen Leute mit dem falschen Hund zusammenbringe, dann nütze ich gar niemanden. Dann leidet der Hund und die Menschen; was bringt das? Nichts als Leid.
Wer den Kromi liebt, berichtet offen und ehrlich über die Charaktereigenschaften und schaut dann zusammen mit dem Fragenden, ob so ein Hund zu ihm als Mensch passt.
Und oft passt es eben nicht, weil – der Kromi kein „einfacher“ Hund ist.
Eine gute Beratung ist eine ehrliche Beratung, die rosarote Brille legt man dazu weit weg. Zuckerguss nützt niemandem.
Und noch eine letzte Bemerkung zu so oft gehörten Vorwurf: „man darf die Rasse nicht schlecht reden“ – ich kann’s nicht mehr hören!
Eine Rasse realistisch zu beschreiben, ist wichtig. Wer die Eigenschaften des Kromis als „schlecht“ werten will, tut das auf eigene Intention.
Dann ist aber auch klar, dass der Kromi nicht zu diesem Menschen passt.
Der Kromi hat viele Eigenschaften, die nicht einfach zu händeln sind für die Besitzer – ja, das ist so, das muss man wissen. Das hat nichts mit „schlecht reden“ zu tun. Transparent sein, hinschauen, drüber reden – das ist wichtig.
Die Beratung zur Frage: ja und wie steht’s denn mit der Gesundheit beim Kromi – das ist dann Stoff für ein zweites Kapitel dieses Beitrages, da ist dann nochmal Ehrlichkeit angesagt – Beschönigungen helfen nicht.
Hier geht's mir um die Frage, wie und ob der Kromfohrländer vom Wesen her zum Menschen passt.
Nein, der Kromi ist kein Hund, der Fragenden empfohlen werden sollte, die ein reges Familienleben haben, die viel alleine reisen wollen (und den Hund auch mal bei Nachbarn für ein paar Tage lassen möchten), die einen Hund möchten, der im positiven Sinn „einfach so mitläuft“ und der auf Spaziergängen null Problem hat, andere Hunde zu treffen…
Nein. Passt nicht. Ist so. Punkt.
Dafür passt der Kromi zu ganz vielen Menschen, die eine innige Verbindung zu ihrem Hund suchen, die bereit sind, an sich zu arbeiten und mit dem Hund - und die vor Herausforderungen nicht zurückschrecken.
Er passt zu Menschen, die bereit sind, auf den Hund einzugehen, sich selber zurückzunehmen und sich zu überlegen, was braucht mein Hund? Denn wenn er zufrieden leben kann, dann kann es der Mensch auch. Kettenreaktion!
Der Kromfohrländer ist ein unbeschreiblich toller Hund – ohne Zuckerguss, aber mit Sahnehäubchen! Wenn’s passt!
Sie finden hier auf meiner privaten Zwinger Website viele Infos zum Kromfohrländer - zum Charakter, zur Gesundheit und zur Zucht.
Auf der Website meines Zuchtvereines VRK sind viele Artikel publiziert, die Ihnen Wissen vermitteln. Es wird nichts beschönigt, die Themen werden angesprochen.
Im VRK legen wir Wert auf ein einwandfreies Wesen unserer Hunde.
In unserem Verein sind ausschließlich Hunde in der Zucht, die über ein hervorragendes Wesen verfügen.
Wir möchten:
- selbstsichere, in sich ruhende Hunde, die offen sind sowohl für Menschen als auch für Hunde.
- Hunde, die einerseits sensibel sind, aber dennoch belastbar und eng an uns Hundehalter angeschlossen unseren Alltag teilen.
- mit unseren Hunden ein Leben führen können, welches uns ermöglicht, entspannte und/oder neutrale Hundebegegnungen mit anderen Hunden zu haben, daheim Besuch empfangen zu können, wann WIR wollen und nicht, wenn es der Hund zähneknirschend (im wahrsten Sinn des Wortes) akzeptiert
- Tierarztbesuche problemlos erledigen können, stressfrei und ohne Maulkorb.
Deswegen ist im VRK die Zucht mit ausschließlich wesensfesten und offenen Hunden eine Selbstverständlichkeit. Ja, die VRK Kromis sind vom Wesen her anders als die Reinrassigen - sie sind offener, ohne ihre Sensibilität zu verlieren.
Informieren Sie sich, fragen Sie nach und seien Sie wachsam, wenn alles "kein Problem" ist und Sie hören "jede Rasse hat ihre Probleme".
Ja, das ist so. Die Frage ist, ob man das im Vorfeld weiss und ob man einschätzen kann, dass man mit den Charaktereigenschaften klar kommt.
Die Frage, ob Kromi ja oder nein - und wenn ja, ob reinrassig oder nicht - ist also vielschichtig. Hier habe ich zum Thema Kromi und Charakter geschrieben.
Kromi und Gesundheit, das ist nochmal ein anderes Thema, hier ist vieles schon geschrieben.
Die Kromis - für MICH meine Traumrasse.
Deswegen schaue ich hin, erzähle gerne von ihr und helfe auch, wo ich kann.
Wissen und Lernen und Transparenz schaffen, das ist wichtig.
Bei jeder Rasse.
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Der Artikel wurde Anfang Mai 2023 freigeschaltet und es ging nur wenige Stunden, bis ich die ersten Reaktionen kamen. Viel Zuspruch - ein "danke, dass das jemand mal so offen anspricht" und ein "genau so ist es".
Ich habe ebenso sehr berührende Nachrichten bekommen von Besitzern von reinrassigen Kromfohrländern, die ganz wertfrei anschaulich schildern, wie sie mit ihrem Kromi zusammenleben. Mit mittlerem bis hohem Leidensdruck - und dem Fazit: wir würden uns keinen Kromi mehr holen.
Das ist dann einfach sehr sehr traurig und stimmt nachdenklich.
Und schlimm ist, wenn man von allen Schreibenden hört: wir trauen uns das gar nicht, öffentlich zu machen. Man kriegt ja sofort eins draufgehaun. Man darf ja nicht drüber sprechen. Und dass wir selbst schuld an allem sind, haben wir schon oft gehört.
Die Themenbereiche punkto Wesen des Kromis muss man ansprechen, wenn Interessenten fragen - es nicht zu tun, ist Täuschung.
Der VRK wurde nicht ohne Grund gegründet - eine Verbesserung beim Wesen und bei der Gesundheit ist das Ziel der Zuchtstrategie beim VRK. Wir erreichen das. Wir sprechen über den Kromi, verbessern, was wir können und freuen uns über die Kromis aus dem VRK Einkreuzprojekt, die souveräner und gesunder durchs Leben gehen können.