Von %, Äpfeln und Birnen
und wie man die Werte der genetischen Varianz des eigenen Kromis korrekt vergleicht
Aus Äpfeln kann man Apfelkuchen machen oder z.B. Apfelschnaps. Birnenschnaps ist auch lecker, der wiederum ist dann aus Birnen. Logisch. Zwei Sorten. Nicht gleich. Nicht identisch. Zwei Gruppen. Zwei Arten. Vergleichen kann man, soll man nicht. Auch nicht metaphorisch…
Manchmal hilft ein Gläschen Schnaps, wenn man wieder hadert mit den immer selben Themen. Und Schnaps hilft auch – eingerieben – bei einem steifen Nacken, den man vom Kopfschütteln kriegt. ;-)
Wer sich ein kleines bisschen mit der Rasse der Kromfohrländer beschäftigt, stösst schnell auf den Fakt, dass die Kromis unter einem starken Genverlust leiden. Sie haben im Vergleich mit reinrassigen Hunden anderer Rassen oder im Vergleich mit Mischlingen viel weniger verschiedene Gene.
Ein hoher Genverlust ist destruktiv für eine Rasse, damit einher gehen viele Erkrankungen und Verhaltensthemen. Das ist bekannt.
Den Test für die genetische Varianz bieten mittlerweile einige Labore an und dementsprechend sorgen die Resultate oft für Irritationen – weil – ja genau, gewisse Werte nicht vergleichbar sind.
Weil eben: Äpfel und Birnen. Ja, aber warum denn?
So ein Test müsste doch eine klare Aussage haben?
Ja - hat er auch! Und die stimmt – die individuelle genetische Varianz des getesteten Hundes, die stimmt.
Der Wurm im Apfel (oder der Birne) ist der Vergleich mit der Durchschnitts-Varianz-der-Genvielfalt beim Kromfohrländer.
Wieso? Wo hakt es denn?
Wir spulen zurück…
In den Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat – Stop, das ist zu weit.
Also: nehmen wir Sommer 2020. Genau. Bis dahin…
Im Sommer 2020 gab es das Angebot des MyDogDNA Tests, ein Gentest mit ganz vielen Ergebnissen zu Erkrankungen, Körperbau, Optik und – eben auch zur genetischen Vielfalt des Hundes.
Die Firma, die diesen Gentest vertrieb und unter ihren Fittichen hatte, war die finnische Firma/das Labor Genoscoper.
2018 wurde das Labor von Mars Petcare/Wisdom Panel übernommen und nach Sommer 2020 wurden die Auswertungsanzeigen deutlich anders.
Bis dahin wurde die genetische Varianz in % ausgegeben für den getesteten Hund und sie wurde in Relation gestellt mit seiner Rasse oder mit Mischlingen (sofern der Hund nicht reinrassig war).
Beim Kromfohrländer gab es bereits eine grosse Datenbank an Hunden. In Finnland war es schon lange usus, dass fast alle Kromfohrländer getestet werden. Demzufolge füllten sich die Datenspeicher mit zusätzlich Profilen von Kromis ausserhalb Finnlands, als ab 2017 noch viele Kromfohrländer aus Deutschland und der Schweiz dazu kamen, vor allem aus dem VRK Verein und auch von ProKromfohrländer.
Genoscoper war aber schlau genug, hier Unterkategorien zu erstellen.
Es gab die reinrassigen Kromfohrländer FCI, eine Gruppe für ProKromfohrländer und man konnte, wenn man VRK Hunde in die Datenbank eintrug, ankreuzen: Mischling mit Kromfohrländer Anteil.
Warum denn diese Gruppen? Fragen Sie sich?
Weil eben… genau aus der Äpfel und Birnen Problematik heraus…
Wie????
Die Summe der genetischen Varianz-Werte aller reinrassigen FCI Kromfohrländer (egal aus welchem Land) zeigt DEN Referenzdurchschnittswert in der genetischen Vielfalt.
Ein kleines kleines bisschen wurde dieser Wert verfälscht durch F1 und F2 Kromfohrländer mit FCI Papieren aus Finnland. Die F-Kromfohrländer aus dem finnischen Einkreuzprojekt haben logischerweise eine höhere Genvielfalt als die reinrassigen, das ist ja der Sinn des Einkreuzens. Da diese Kromis aber keine zwei Handvoll ausmachten, war die Veränderung des Referenzwertes sehr gering.
Die Gruppe ProKromfohrländer wurde separat ausgewertet, was genau richtig war, denn hier war der Mehrteil der Hunde reinrassig und der andere Teil bestand aus F-Kromis. Sie hatten einen eigenen Durchschnitts-Wert bei der genetischen Vielfalt, der lag bei 29,4% im Sommer 2020, also nur wenigst über dem der reinrassigen Kromfohrländer und deutlich unter dem Durchschnitt aller Rassehunde mit 34,3%.
Wenn man also früher die genetische Vielfalt eines eingekreuzten Kromis vergleichen wollte mit dem Wert des Durchschnitts-Kromfohrländers, dann zog man korrekterweise den aktuellen Wert der FCI Kromfohrländer zu Rate.
Ab Sommer 2020 war dann alles anders. MyDogDNA zeigte nur noch einen Gesamtwert; weil die Amerikaner alles, was mit Kromi zu tun hatte, in einen Topf warfen. Und damit war mit den aktuellen Checks kein seriöser Vergleich mit dem Durchschnitt der Reinrassigen mehr möglich. Die Werte werden verfälscht.
Ich halte mich an den Wert vom Sommer 2020, der mit 26,1% angegeben worden ist. Seinerzeit. Der Wert ist natürlich nicht statisch, er kann immer ein klein wenig abweichen.
Aus Datenschutzgründen zeige ich hier die screenshots nicht.
Wir vergleichen:
26,1 bei reinrassigen Kromfohrländer
34,3% beim Durchschnitts-Rassehund und
43,2% beim Durchschnitts-Mischling
Quelle: MyDogDNA, Sommer 2020
MyDogDNA weist aktuell für den Kromfohrländer (Stand Herbst 2024) eine Genvielfalt von 23-41% aus. 41%?? Ja klar, Nonsens, denn KEIN reinrassiger Kromfohrländer hat solche Werte. Das ist
unseriös.
Und eine solche Bandbreite: das macht null Sinn.
Hier wurde leider alles in einen Topf geworfen an Kromfohrländer-Daten, ob reinrassig oder Kromfohrländer-Einkreuzprojekt – alles schwimmt in derselben Suppe.
F1 Kromimixe können durchaus Werte um 41% haben – aber es muss einem bewusst sein, das ist das äusserste Ende der Fahnenstange – und das sind keine! reinrassigen Kromis.
Realistisch - für reinrassige Kromfohrländer - sind Durchschnittswerte um die 25-26%.
Egal, wie man es dreht oder wendet…
Damit verglichen sind die Kromfohrländer im Vergleich mit dem Durchschnittsrassehund fast um 10% ärmer an Genvielfalt. Dieses Wissen ist im VRK schon längst bekannt.
Es gibt weitere Studien von Wissenschaftlern, die die Genverluste bei diversen Rassen publik machen, auch hier ist der Kromfohrländer ganz unten gelistet, ganz unten bei den Rassen mit der geringsten Genvielfalt.
Sie finden mit diesem Link eine Grafik, der Kromfohrländer ist in der rechten Spalte nah beim Cavalier King Charles Spaniel aufgeführt.
Laboklin baut seine Datenbank aktuell auf - was den Kromfohrländer betrifft - und wird vergleichbare Werte ausweisen, für den Durchschnitt. Es muss natürlich erst eine gewisse Anzahl an Kromfohrländern getestet werden, bis man relevante Werte hat für eine klare Aussage aus diesem Labor.
Der individuelle Wert des getesteten Hundes ist korrekt! Aber bei Vergleichen muss man aufpassen. Es ist zu hoffen, dass Laboklin beim Kromfohrländer auch mit klar abgegrenzten Gruppen arbeitet, sonst sind die Vergleichswerte der Rasse als Population verfälscht.
Feragen macht leider denselben Fehler wie Wisdom Panel. Dort existiert aktuell (November 2024 )nur eine einzige Kategorie für den Kromfohrländer.
Darin sind sowohl reinrassige Kromfohrländer wie eingekreuzte gelistet, der Durchschnittswert der genetischen Vielfalt ist nicht korrekt.
Hier werden per Herbst 2024 30,97% angegeben, was definitiv zu hoch ist.
Würde man nur die reinrassigen effektiv als Referenzgruppe für den Durchschnittswert nehmen, dann käme man, mutmasslich, sie ahnen es, auf die 25-26%.
Also aufgepasst, wenn Sie den Wert Ihres Kromfohrländers (reinrassig oder aus einem Einkreuzprojekt) vergleichen - halten Sie sich an den Durchschnitt aller reinrassigen Kromis und
vergleichen Sie mit 25-26%.
So können Sie einschätzen, wo Ihr Hund im Vergleich steht.
Alles andere an Werten verfälscht die Einordnung massiv.
Der RZV, der standardgebende VDH Kromfohrländer Zuchtverein in Deutschland, hat seine Mitglieder im Herbst 2024 dazu aufgerufen, die Kromis auf Genvielfalt bei Laboklin zu testen.
Es ist zu hoffen, dass Laboklin für den Durchschnittswert der genetischen Varianz beim Kromfohrländer auch wirklich nur reinrassige Kromfohrländer in die Berechnung nimmt.
Sobald in die Kromfohrländergruppe auch Auswertungen von Kromfohrländer-Mix-Hunden fliessen, stimmt auch dort der Referenzwert nicht.
Es ist zu hoffen, dass der hohe Genverlust dann auch für den RZV sichtbar wird und man darf dann gespannt sein, welche Schlüsse gezogen werden.
Schlussendlich: ob 25%, 26% oder 27% - die Werte sind deutlichst unter dem des Durchschnitts-Rassehundes. Handlungsbedarf ist schon längst angezeigt.
Die Büchse der Pandora ist geöffnet – zudrücken geht nicht mehr. Wenn man auf dem Tisch schwarz auf weiss den Report liegen hat, der zeigt, wie schlecht es um die Genvielfalt bestellt ist – dann muss gehandelt werden. Augen zu und durch geht dann nicht mehr.
Der Weg führt nur übers Einkreuzen – eine geschlossene Population kommt nicht aus eigener Kraft aus der genetischen Sackgasse.
Langer Rede – kurzer Sinn:
vergleichen Sie mit den korrekten Werten und lassen Sie sich nicht täuschen von Durchschnittswerten von Birpfeln und Aepfnen.
Birne ist Birne und Apfel ist Apfel. Auch beim Kromfohrländer.
Die Fotos in diesem Artikel sind - Sie werden es bemerkt haben -
mit KI erstellt. Vielen Dank dafür - Rainer Posert!